Ein Sachbuch mit Sprengkraft

Falls ich heute nochmals ein Berufsfeld wählen müsste, wäre es bestimmt nicht das Bildungswesen, sondern schon eher Journalismus. Seit jeher hat mich die Arbeit von Journalisten und Reportern fasziniert. In jungen Jahren habe ich ganze Bücher mit den gesammelten Reportagen einzelner Journalisten gelesen. Erst später habe ich auch als Lehrperson immer wieder Zeitungsartikel für die Schule verfasst, vom Schulalltag über Klassenlager, Austauschprojekte bis zu berufskundlichen Projekten. Mit der Lust am Schreiben von Gedichten, Kurzgeschichten und Romanen kam auch wieder das Bedürfnis auf, mich zu aktuellen Themen der Tagespolitik zu äussern. Dazu dienen mit heute vor allem zwei Foren: Einerseits unterhalte ich meinen Blog “Lesen & Schreiben” mit regelmässigen persönlichen Kommentaren sowie Buch- und Filmempfehlungen, andererseits schreibe ich auch Leserbriefe zu jenen Themen, die mir besonders unter den Nägeln brennen, in der Hoffnung auf eine Publikation in den Mainstream-Medien.

Das bringt mich zum Sachbuch von Richard David Precht und Harald Welzer, die sich in ihrem ersten gemeinsamen Werk “Die Vierte Gewalt” mit der Berichterstattung in den Leitmedien befassen. Das Buch liest sich wie ein Thriller und deckt in 11 Kapiteln das Hauptproblem des heutigen Journalismus auf: Wie wird Mehrheitsmeinung gemacht, auch wenn sie keine ist? Die Antworten der Verfasser sind überraschend und aufgrund ihrer Beispiele auch ausgezeichnet recherchiert und nachvollziehbar. Letztlich geht es den Autoren um die wichtige vierte Säule demokratischer Staaten: die Presse. Dieses Buch sollte in jeder journalistischen Ausbildung Pflichtlektüre sein, aber auch gestandene Semester müssten sich mit dessen Inhalt auseinandersetzen. Für uns alle, die wir täglich unsere Informationen – sei es aus einer Tages- oder Wochenzeitung, dem Radio und Fernsehen oder den sozialen Medien – beziehen, bringt dieses medienkritische Werk die Erkenntnis, dass wir nicht nur die uns zur Verfügung stehende Informationsflut bewusst hinterfragen müssen, sondern dass wir auch unsere Meinungen und Haltungen daraus reflektieren und je nach dem korrigieren sollten.

Peter Joos

16. Juli 2024

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