“Lesen ist wie Kino im Kopf” – nur besser, würde ich anfügen. Ich habe absolut nichts gegen einen guten Film oder eine Serie auf einem Streaming-Portal. Auch jenes Medium ist lehrreich und unterhaltsam, aus unserem Alltag einfach nicht mehr wegzudenken. Wir sind visuelle Geschöpfe und sprechen aus diesem Grund auf optische Reize an – auch auf alle entsprechenden Medien, bei denen die Bilder im Vordergrund stehen oder zumindest Teil der Informationen sind. Keine Zeitung kommt heute ohne farbige Fotos aus. Man nehme sich nur mal die Ausgabe einer Tageszeitung aus der ersten Hälfte des 20. Jahrhunderts vor: Eine reine Bleiwüste, würde man heute sagen. Dann folgten die schwarz-weissen Aufnahmen, anschliessend die grossformatigen farbigen Bilder à la Bild bzw. Blick.
Nun denn, ich lese seit einem Jahr wieder eine Tageszeitung und hole mir dort andere Infos ab als am TV oder im Internet. Die Themen überschneiden sich meistens, aber die Art und Weise wie sie aufbereitet werden ist ganz unterschiedlich. Ebenso geht’s mir mit den Büchern. In einem Buch braucht es für mich keine Bilder, mit Ausnahme eines Sachbuches, wo Bilder oder Karten zur Klarheit durchaus beitragen können. Ansonsten schaffe ich mir den Raum, die Zeit, die Figuren sowie die Handlung vor meinem inneren Auge selber – und es funktioniert. Gut, wenn man gewohnt ist, regelmässig zu lesen, ist es einfacher und es geht auch mit der Zeit schneller vonstatten. Aber die Leistung im Hirn ist eine ganz andere, als wenn ich mich von Bildern und Tönen berauschen lassen. Dabei muss die Hirnleistung überhaupt nicht ermüdend sein – im Gegenteil. Ich lese oft vor dem Einschlafen und nach einer halben Stunde falle ich dann normalerweise in einen gesunden, tiefen Schlaf. Auch in der Nacht funktioniert bei mir Lesen wie eine Droge. Nach 30 bis 60 Minuten schlafe ich meistens wieder problemlos ein. Ob das ebenso gut mit dem TV klappt, bin ich mir gar nicht sicher.
Es ist wie mit dem Neujahr: Man kann sich ruhig einmal einen Vorsatz nehmen und täglich ein paar Seiten in einem Buch lesen (Kurzgeschichten sind dafür ein guter Einstieg). Man kann sich auch ein Buch pro Monat als Ziel setzen. Dabei ist es ziemlich egal, was man liest – Hauptsache lesen. Und aus meiner eigenen Erfahrung als Sprachlehrer kann ich nur bestätigen, dass bereits Kinder und Jugendliche, die regelmässig und oft lesen, sprachlich weiterentwickelt sind als ihre gleichaltrigen Kameraden. Zudem ist der Schatz an Literatur gerade für Kinder und Jugendliche unvergleichlich grösser als in meiner Jugendzeit. Aber auch mit Karl May & Co. konnte man sich zu einem wahren Bücherwurm entwickeln. Probiert es aus – es funktioniert!
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