Lesen ist Kino im Kopf

Auf diesen Spruch bin ich erst später während meiner beruflichen Tätigkeit als Lehrperson gestossen. Er enthält eine Wahrheit, die man nicht genug beachten und wertschätzen kann. Bereits als Knabe faszinierten mich Bücher mit Geschichten aus aller Welt, Abenteuerbücher oder auch Sachbücher mit Informationen zu allen möglichen Themen. Heute vernimmt man, dass man sich alle Auskünfte und vor allem auch die Unterhaltung aus dem Internet in Sekundenschnelle besorgen kann. Stimmt, aber was sich dabei abspielt, ist etwas ganz anderes. Die Langsamkeit des Lesens hat etwas beruhigendes, während das schnelle Hin- und Herzappen am Computer oder im TV Unruhe vermittelt. Ausserdem können sich die gesuchte Auskunft, die Geschichte oder was auch immer viel besser setzen, wenn wir sie im eigenen Tempo verarbeiten können. Wir bestimmen über die Geschwindigkeit, mit der wir die Infos aufnehmen und so können wir sie auch adäquat verarbeiten.
Viele Jugendliche der Generation Z klagen heutzutage über psychische Probleme, die Notanlaufstellen sind heillos überlastet. Einer der Hauptgründe sind die sozialen Medien. Wen wundert’s? “Immer schneller, immer mehr” heisst dort die Devise. Diese Hektik setzt sich auch im Gehirn eines Menschen fest und führt letztlich zu einer Überforderung, einer Überlastung. Das eigene Kino im Kopf, das beim Lesen seine Individualität behält, wird von schnellen Bildschnitten, lauter Musik und Perspektiven gestört – ähnlich einer Hirnwäsche. Statt Computer- und Handyentzug sollte man den Jugendlichen wieder vermehrt Bücher in die Hand drücken und ihnen Zeit lassen, diese nach ihrem eigenen Gutdünken und Vermögen zu geniessen. Weg von den rasanten Talfahrten der heutigen Medien hin zu mehr Eigenständigkeit und Individualität.
Am heutigen Tag des Buches sind wir aufgerufen, darüber nachzudenken, wie wichtig die Lesekompetenz für unsere Gesellschaft ist. Jugendliche, die kaum mehr einen einfachen Text entziffern können, werden es in Zukunft auch auf dem Arbeitsmarkt schwer haben. Und in ihrem Privatleben wird ebenfalls kaum Ruhe einkehren können. Schenken wir unserem Kopf eine Pause und begeben wir uns möglichst regelmässig in unser hauseigenes Kino im Kopf!

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