Eigentlich teile ich Literatur nicht gerne verschiedenen Schubladen zu, aber es gibt auch für mich unterschiedliche Textsorten, die sich auseinanderhalten lassen. Grob skizziert sind dies: Fiktion und Sachbücher, Poesie und Bildbände. Je nach Lust und Laune neigt mein Interesse mal dem einen oder dem anderen Genre zu, wobei es innerhalb der Textsorten natürlich diverse Unterteilungen gibt, auf die ich hier nicht eingehen möchte. Heute geht es mir eher darum, wann und wo ich was lese, d.h. welche Art von Literatur ich bei welcher Gelegenheit vorziehe. Schwere Kost wie es gewisse Sachbücher nun einmal sind, lese ich in Etappen und meistens parallel zu einer unterhaltsamen Lektüre, z.B. einem Krimi. Eine Stunde in einem wissenschaftlichen Werk lesen ist Arbeit, eine Stunde in einem Roman die verdiente Erholung. Beim Lesen sollte man sich nie quälen und meinen, man müssen jetzt das betreffende bis dann und dann fertiggelesen oder am Abend ein bestimmtes Kapitel abgeschlossen haben. Das wäre Stress pur und läuft dem entspannten und genussreichen Lesen zuwider. Ein Buch darf jederzeit weggelegt werden, auch definitiv, wenn man mit dem Inhalt oder dem Umfang nicht zurechtkommt. Solche Bücher lese ich gelegentlich auch auszugsweise, d.h. ich wähle im Inhaltsverzeichnis jene Kapitel aus, die mich interessieren, den Rest überspringe ich. Bei einer fiktionalen Erzählung geht das natürlich nicht, aber auch eine Geschichte kann einen mal nerven oder langweilen. Dann gibt es nur eins: Zuklappen und weglegen, vielleicht weitergeben …
Insofern gibt es für mich nicht DIE perfekte Ferienlektüre, eher schon den perfekten Ferienlektüremix aus Fiktion, Sachbuch und Zeitung. Abwechslung macht das Leben süss – kennen wir doch. Das neuste Werk von Micha Lewinsky (Jg. 1972), Sohn des bekannten Charles Lewinsky, mit dem Titel “Sobald wir angekommen sind” enthält für mich alles, was es für eine perfekte Ferienlektüre braucht. Die Geschichte spielt in Zürich und in Brasilien, im Mittelpunkt steht die Familie eines jüdischen Mannes, der um die 50 im Strudel persönlicher, familiären und weltpolitischer Ereignisse steht und nicht weiter weiss. In seinen inneren Monologen widerspiegelt sich oft alles, was auch die Leserinnen und Lesern umtreibt. Die äussere Handlung ist gelinde gesagt etwas “crazy”, aber mit Brasilien und dem Judentum verbindet mich so viel, dass diese Lektüre zu einem wahren Genuss wird. Erwähnenswert ist auch der Humor, der übers ganze Werk immer wieder aufblitzt und mich zum Schmunzeln brachte. Eine Entdeckung, die ich deshalb hier gerne mit euch teile.
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