Weltbilder

Die mediale Berichterstattung über den Krieg in der Ukraine war schon mehrmals Thema in den Leserbriefen. Zu Recht, meine ich. Russland mit seinem Präsidenten Putin galt bis anhin als das Böse schlechthin, der ukrainische Präsident Selensky als der gute Widerstandskämpfer, der seine Nation wiederholt auf einen brutalen Verteidigungskrieg einschwört. Dieses Narrativ bedient indirekt auch unser eurozentriertes Weltbild, gemäss dem die überwiegend weissen Europäer grundsätzlich die Guten, die aussereuropäischen Völker hingegen mit Ausnahme der USA und die Schurken sind.

Die Auswirkungen dieses Denkens erweisen sich im aktuellen militärischen Konflikt zwischen Russland und der Ukraine als fatal. Dabei werden die durch die westlich dominierten Organisationen gezogenen Grenzen als sakrosankt angesehen, wie wenn noch nie ein europäischer Staat oder die USA feindliche Staaten angegriffen hätten. Wer die Geschichte der letzten zwei Jahrhunderte kennt, kann die blutige Spur europäischer Kriege nachverfolgen. Während des Imperialismus fanden die europäischen Angriffskriege in Afrika und Asien ihre unrühmliche Fortsetzung.

Es ist also dringend nötig, globale Konflikte zwischen den Grossmächten sowie einzelnen Staaten unter einer erweiterten Perspektive zu betrachten. Dabei gilt es zu bedenken, dass die europäische Sicherheitsarchitektur nicht zwangsläufig jener von Russland oder China entsprechen muss. Die USA verfolgen seit langem ihre eigenen wirtschaftlichen und militärischen Interessen, weshalb Europa sich nicht unkritisch dem US- und NATO-Diktat von Sanktionen, Embargos und Waffenlieferungen unterwerfen sollte. Eine eigenständige Haltung der EU ist nötig. Es braucht dringend Organisationen und Staaten, die sich als Vermittlerinnen einsetzen. Eine solche Friedensmission sollte auch die Schweiz als ihre vornehmste Aufgabe wahrnehmen, statt fremde Sanktionen, Embargos und Waffenlieferungen zu unterstützen.

Peter Joos

18. Juni 2022

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