Zwischen diesen beiden Aufnahmen liegen über 60 Jahre (1960/2023). Jetzt will der Bundesrat den Ausbau der A1 auf 6 Spuren zwischen Zürich und Bern sowie zwischen Lausanne und Genf vorantreiben. Ist das eine gute Idee bzw. die Lösung des Verkehrsproblems und der Dauerstaus auf diesen und anderen Streckenabschnitten? Ich meine NEIN. Für die Menschen, die aufgrund ihres Jobs und Arbeitswegs auf die Autobahnen angewiesen sind, habe ich vollstes Verständnis, dass für sie und ihre Firmen kostbare Zeit (und Geld) verloren geht. Aber für alle anderen – mich eingeschlossen – geht es eigentlich nur darum, genügend Zeit für einen Wochenendausflug, die samstägliche Shoppingtour oder einen Familienbesuch einzuplanen. Auch ich bin der Meinung, dass ein allfälliger Ausbau der A1 lediglich neuen Verkehr anlockt, unter Umständen sogar den vergleichsweise teuren öV konkurrenzieren wird.
Seien wir ehrlich: Unterhalt und Ausbau des öV kosten uns bereits so viel, dass ein gleichzeitiger Ausbau des Nationalstrassennetzes sinnlos erscheint. Zwar bin ich nicht gegen sinnvolle Ergänzungen und notwendige Sanierungen, aber sechsspurige Autobahnen werden das Problem nicht lösen. Die Staus (ich liebe in diesem Zusammenhang das französische Wort «bouchons» = Zapfen) werden sich bloss verlagern. Zielführender wäre es, jene Menschen, die zur Arbeit pendeln, auf den öV zu bringen. Aber was ist mit den SonntagsfahrerInnen, dem endlosen Ferienverkehr und den ShoppingtourerInnen?
Hier müssten dringend Massnahmen wie Road Pricing geprüft und eingeführt werden. Zu bestimmten Zeiten müsste die Benutzung bestimmter Autobahnabschnitte, Strassentunnels, Brücken oder Stadtzentren mit dem privaten Fahrzeug gebührenpflichtig werden. Nebst der immer noch äusserst günstigen Vignette müssten ausser dem ausländischen Transitverkehr auch Herr und Frau Schweizer zur Kasse gebeten werden. Über das Portemonnaie liesse sich das Verhalten der Leute auch in diesem Bereich steuern und regulieren.
Der letzte Punkt betrifft das Bevölkerungswachstum in der Schweiz. Kürzlich haben WissenschafterInnen aus unterschiedlichen Fachgebieten für unser Land eine Wohnbevölkerung von 10 bis 16 Mio. EinwohnerInnen prophezeit, allerdings ohne sich dazu Gedanken über die dafür notwendige Infrastruktur zu machen. Wächst unsere Bevölkerung in den kommenden Jahren und Jahrzehnten tatsächlich in einem solchen Umfang, bräuchte es nicht nur bei den Strassen und im öV, sondern auch in allen anderen Bereichen Milliardeninvestitionen. Die abschliessende Frage lautet demnach: Wollen wir all dies oder sagen wir einfach mal STOPP! Bleibt zu hoffen, dass sowohl in Bern als auch in jedem einzelnen Kanton PolitikerInnen sitzen, welche diesem Gigantismus Einhalt gebieten.
Schweiz im Stau
Peter Joos
14. Mai 2023
0 Kommentare