Und wieder einmal geistert die Idee von einer Schule ohne Noten durch die Bildungsämter, die Köpfe der Erziehungsbehörden, Lehrer-, Eltern- und Schülervereine bzw. -herzen. Der Ansatz immer gleich – die Argumente dafür und dagegen auch. Reicht es nicht mit der endlosen Reformitis, die seit Jahrzehnten die Volksschule belastet und wahrscheinlich kaum messbar besser gemacht hat? Reicht es nicht, dass nun auch an den Gymnasien und den Berufsschulen nach neuen Kompetenzenrastern beurteilt wird? Im Zuge der Individualisierung und Inklusion müssen ja zwangsläufig auch sämtliche messtechnischen Instrumente abgeschafft werden – also auch die Noten. Die Lernenden sollen sich nur noch mit sich selber vergleichen. Schön und gut – aber wer garantiert uns, dass in diesem Selbstbeurteilungspfuhl noch sachlich und nach objektiven Kriterien gemessen wird? Wohl niemand, denn alle haben Angst, als politisch nicht korrekt verunglimpft zu werden. Man könnte ja jemandem auf die Füße treten und dessen Lebensweg nachhaltig zerstören.

Ich bin keineswegs gegen mündliche und schriftliche Beurteilungen, die über die Schulnoten hinaus den Lernstand der Lernenden festhalten und weitere Lernfortschritte initiieren. Das haben auch Lehrpersonen vor Jahrzehnten schon so gehalten. Aber letztlich ist die Funktion der Noten gerade eben auch, über das Individuum hinauszublicken, um ihm seine Möglichkeiten in der Gesellschaft aufzuzeigen. Träumen darf man schon, aber eines Tages wird man mit der Realität konfrontiert und dann ist ausgeträumt. Das gilt in der Schule wie im Beruf, im Sport, in der Musik, im Leben allgemein. Die Noten helfen uns direkt oder indirekt, unsere Wünsche realistisch zu beurteilen auf unserem Weg durch die Bildungsinstitutionen. Die gute Nachricht: Oft hängt der Erfolg später nicht mehr von den Schulnoten, sondern vielmehr vom persönlichen Willen und Einsatz ab. Ab jenem Zeitpunkt darf man über seine Schulnoten lächeln oder sie vergessen, abschaffen jedoch dürfen wir sie nicht!

Bildquelle: Intrinsic