David & Goliath

Es ist zweifellos eine Verbindung von David und Goliath – die Beziehung zwischen der kleinen Schweiz und der Supermacht China. Wir kennen unsere Geschichte und wissen, wie heikel für uns der Umgang mit den Grossmächten nah und fern in der Vergangenheit und der Gegenwart war und bis heute ist. Seit dem Mittelalter haben sich unsere Ahnen immer wieder gegen die Ansprüche von Kaiser- und Königreichen, Fürstentümern sowie Diktaturen teils friedlich, teils militärisch gewehrt. Mit Erfolg, denke ich. Die Auseinandersetzungen haben uns zu dem gemacht, was die Schweiz heute ist. Eine direkte Demokratie, die sich dort, wo es in ihrem Sinne ist, mit anderen Staaten und Organisationen kooperiert. Nicht nur wirtschaftlich, sondern auch politisch und gesellschaftlich. Dabei halten wir unsere Unabhängigkeit hoch und verteidigen auch schon mal unsere bewaffnete Neutralität gegenüber jenen westlichen Mächten, die uns am liebsten in die NATO eingliedern würden.

Aber kennen wir auch die Geschichte und Kultur Chinas, das sich vom Reich der Mitte über verschiedene Kaiserreiche in einen kommunistischen Staat gewandelt hat? Kennen wir die Leidensgeschichte jenes Volkes, das sich oft in Bürgerkriegen gegenseitig bekämpft hat und zur Kolonialzeit von ausländischen Mächten gnadenlos unterjocht und geplündert worden ist? Der Wandel Chinas hin zu einer Volksrepublik geschah alles andere als friedlich. Die Revolution unter Mao Tse Tung kostete Millionen Menschen das Leben. Auch beim heutigen China dürfen wir nicht westlich-demokratische Standards anwenden, obwohl die UNO-Menschenrechte für alle gleichermassen gelten. Aber seit wann gelten sie denn in der Schweiz? Seit 1971 mit der Einführung des Frauenstimmrechts? Je nach Perspektive kann man Chinas Entwicklung hin zur Supermacht als ein Wunder betrachten – vor allem als Wirtschaftswunder. Und China hat unter Xi Jinping globale Ambitionen entwickelt, die für die anderen Grossmächte – vorab die USA sowie den EU-Wirtschaftsraum – eine echte Bedrohung darstellen. Aber Konkurrenz belebt das Geschäft, lautet ja das Mantra der liberalen Wirtschaftsordnung weltweit.

Also sollen wir uns als kleine Schweiz von China bedroht fühlen? Muss David vor Goliath Angst haben? Geht es um Sieg oder Niederlage? Unsere Beziehungen zu China sollten für beide Seiten respektvoll, fruchtbar und nachhaltig gestaltet werden, damit den Menschen auf beiden Seiten ein Stück des gemeinsamen Kuchens zufällt? Ich meine, es handelt sich eher um eine Chance, die uns nicht in eine einseitige Abhängigkeit von China führen soll, sondern uns vielmehr von der US- und EU-dominierten Abhängigkeit etwas befreit. Schauen wir uns nur mal an, was die westlichen Nationalbanken in den vergangenen Monaten getan haben, um die hausgemachte Inflation zu bekämpfen! Mit den brutalen Leitzinserhöhungen haben sie mehr Gefahren für die Wirtschaft heraufbeschworen als es Chinas Konkurrenz vermag. Auch die masslose Kriegsführung des Westens an der Seite der Ukraine setzt unsere Wirtschaft unter Druck. Aber schuld sind ja bekanntlich immer die anderen. Die Schweiz ist gut beraten, wenn sie weiterhin ihren eigenen Weg geht und offen bleibt – auch für neue Beziehungen zu China. Auf diese Weise könnten David und Goliath sogar voneinander lernen!

Bildquelle: Handelskammer beider Basel

0 Kommentare

Einen Kommentar abschicken

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert