Nein, auf keinen Fall! Mein Fazit nach dem Spiel gegen Frankreich werde ich auch nach dem im Penaltyschiessen verlorenen Match gegen Spanien nicht revidieren. Im Gegenteil: Die gestrige Niederlage bestätigt eigentlich, was ich bereits geschrieben habe. Aufs gestrige Spiel gemünzt heisst dies:
- Nach 8 Minuten gerät die Nati in Rückstand. Warum? Jordi Alba schiesst aufs Schweizer Tor, Sommer hätte gehalten, aber unglücklicherweise ging Zakaria noch mit dem Fuss dazwischen und lenkte den Ball unhaltbar ab. Pech! So ist Fussball. Einfach mal aufs Tor schiessen und hoffen, er gehe rein. Andere Mannschaften mussten ebenfalls solche Eigengoals in Kauf nehmen – dem Spanische Torhüter ist wohl sogar der schlimmste Patzer des Turniers passiert gegen Kroatien, und trotzdem haben sie noch 5:3 gewonnen. Also, kein Grund zur Panik.
- Leider übernahm jedoch die Nati schon während der 1. Halbzeit den Tiki-Taka-Fussball der Spanier, die sich fortan ruhig den Ball in den eigenen Reihen zuschoben. Eine langweilige erste Hälfte folgte. Spannend wurde es erst wieder in der 68. Minute, als Shaquiri nach einem schnellen Gegenstoss und einer guten Kombination mit rechts (!) via Innenpfosten den Ausgleich erzielte. Die Hoffnung stirbt zuletzt und die Aufholjagd erinnerte ans Frankreichspiel. Dann die fatale rote Karte in der 77. Minute gegen Freuler und die Schweizer sind nur noch zu zehnt. Auch das ist Fussball! Das Foul war unnötig und wirklich sackgrob.
- Jetzt kommt die entscheidende Frage: Hinten mauern oder nach vorne weiterspielen? Coach Petkovic entscheidet sich mit seiner Mannschaft fürs Erstere. Er will sich in die Verlängerung retten und wechselt gleich mehrere Abwehrspieler ein. So sind die Schweizer hinten zwar stabil, aber vorne läuft nichts mehr. Das spielt dem Tiki-Taka der Spanier geradezu in die Hände bzw. Füsse. Sie schnüren die Schweizer Mannschaft immer mehr ein, schaffen es aber nicht, ein Tor zu schiessen. Die Nati rettet sich so in die Verlängerung – mit 10 Mann nota bene …
- Noch eine halbe Stunde in Unterzahl, d.h. hinten mauern und ab und zu den Ball einfach mal nach vorne hauen (Kommentar von Sascha Rufer). Nur so gewinnt man kein Fussballspiel, denn auch das ist Fussball. Derjenige, der mehr Tore schiesst, gewinnt letztendlich. Statt den Lucky Punch mit einem Sonntagsschuss zu suchen, versucht man sich mit dem Abwehrbollwerk ins Penaltyschiessen zu retten, weil dies doch gegen Frankreich so gut geklappt hat. Und tatsächlich: die Spanier schaffen es auch in der Verlängerung nicht, ein Tor zu schiessen.
- Nach 120 Minuten tritt eine völlig erschöpfte Nati zum Penaltyschiessen an. Es fängt ja noch gut an: Busquet setzt seinen Schuss an den linken Pfosten. Jetzt müssten die Schweizer nur noch ihre Penaltys verwandeln, dann stünde man im Halbfinal. Nun, es kommt anders. Aber auch das ist Fussball. Nachdem der erste Schweizer noch trifft, sehen alle weiteren Schützen ihre Schüsse vom spanischen Torwart pariert bzw. übers Tor fliegen. Auch die 30-Millionen-Söldner wie Akanji vermögen dem Ball nicht den nötigen Druck zu verleihen. Ich fühlte mich in ein unrühmliches Penalty-Festival gegen die Ukraine mit Streller und Co. zurückversetzt …
- So scheitert unsere Nati schliesslich kläglich an einer falschen Strategie, für die letztlich Coach Petkovic verantwortlich ist. Jetzt nützt kein “hätte” oder “wäre”, für mich war der Auftritt gestern Abend nicht mit dem Frankreichspiel vergleichbar. Damals haben die Schweizer Söldner die Französischen Söldner besiegt, weil jene nach dem 3:1 von Pogba aufgehört haben, Fußball zu spielen. Gestern sind die Schweizer an ihrer eigenen Strategie gescheitert.
Fazit: Es ist höchste Zeit für einen Neuanfang. An der WM 2022 warten noch ganz andere Gegner auf die Nati. Der jetzige Coach hat mit seiner Arbeit viel geleistet, aber sein Zenit ist überschritten. Auch zahlreiche Spieler sollten durch junge, frische Kräfte ersetzt werden. Spieler, die in einem Schweizer Verein spielen, sollten ebenfalls eine Chance erhalten. Das wird die eine oder andere Niederlage mit sich bringen, aber auch das gehört zum Fussball. Daran kann man wachsen, wenn man daraus lernt.
Meine Voraussage für den Final: Das offensive Italien schlägt Tiki-Taka-Spanien, und die Engländer setzen sich ebenfalls durch. Das wird ein spannendes Finale “Nord” gegen “Süd” mit dem besseren Ende für die (hoffentlich) bessere Mannschaft!
Bildquelle: Pinterest
0 Kommentare