Bei der multinationalen Übung Air Defender 23 trainieren 25 Nationen über Europa gemeinsame Luftoperationen. Mit diesem Training ist das grösste derartige Manöver der NATO seit dem Ende des Zweiten Weltkriegs gemeint. Es soll laut Bundeswehr Solidarität im Bündnis, die Reaktionsfähigkeit der Luftstreitkräfte sowie die transatlantische Verbundenheit demonstrieren. Deutschland übernimmt dabei die führende Rolle und ist logistische Drehscheibe. Die Operationen werden vom 12. Bis 23. Juni 2023 dauern und daran etwa 10’000 Soldatinnen und Soldaten teilnehmen. 23 verschiedene Flugzeugtypen befinden sich unter den rund 250 Flugzeugen, die an verschiedenen Standorten in Deutschland stationiert sein werden. Während der Einsätze kann laut Eurocontrol auch der zivile Luftverkehr betroffen sein, wenn auch nur mit Verzögerungen und ohne Flugausfälle.
Was ist von dieser NATO-Aktion im heutigen Umfeld des Kriegs in der Ukraine, einer Inflation mit drohender Rezession in der westlichen Welt sowie den geopolitischen Spannungen zwischen den Grossmächten USA, China und Russland zu halten? Aber auch die Neuausrichtung diverser Allianzen wie die der BRICS-Staaten, der EU, des Indopazifikraumes, der blockfreien Staaten oder der arabischen Welt (Arabische Liga, OPEC) sorgen für erhöhte Spannungen. Ist es da angebracht, mit dem von Russland und China initiierten Säbelrasseln weiterzufahren, nur um den anderen zu beweisen, dass man es auch beherrscht oder um Eindruck zu schinden? Auf der ganzen Welt scheinen momentan die Falken das Sagen zu haben. Die Tauben sind verschwunden und werden auch von den Medien totgeschwiegen. Die militärische Eskalation seit dem 24. Februar 2022 hat sich nochmals verschärft und es werden munter Milliarden in die Rüstungsindustrie gepumpt, die man andernorts gut gebrauchen könnte.
Die Schweiz beteiligt sich glücklicherweise nicht am Air Defender 23 Manöver. Damit demonstriert sie ihre bewaffnete Neutralität und Unabhängigkeit. Eine Kooperation mit der NATO schliesst dies nicht aus, aber zum jetzigen Zeitpunkt wäre eine Teilnahme fatal und würde vielleicht nicht in Europa, aber bestimmt global weiteres Unverständnis hervorrufen. Noch schützen wir unsere Grenzen selber und sind nicht auf die NATO angewiesen. Manchmal erinnert das jetzige Konkurrenzgehabe zwischen den Grossmächten und den diversen Allianzen an die Zeit vor dem Ersten und dem Zweiten Weltkrieg. Eine Deeskalation ist dringend notwendig, um eine Entspannung herbeizuführen. Hier sollte sich die Schweiz vermehrt einbringen, sitzen wir doch seit Anfang Jahr im Sicherheitsrat der UNO. Aber gerade diese Weltorganisation offenbart einmal mehr ihre Schwächen, weil sie von einzelnen Mitgliedern immer wieder blockiert wird. Friedensfördernde Massnahmen müssten auch in den Medien wieder mehr Platz einnehmen, damit endlich die Tauben anstelle der Falken die Politik bestimmen.
Bildquelle: Deutsche Welle
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