Am 24. Februar jährt sich der Einmarsch russischer Truppen in die Ukraine und ob wir es wahrhaben wollen oder nicht – die Anstrengungen diesen Krieg zu intensivieren und zu verlängern wurden von den beteiligten Seiten viel stärker unternommen als friedensfördernde Massnahmen, um den Konflikt beizulegen. Ebenso wurden die Prognosen der Expert*innen von der Realität überholt, und auch die Geheimdienste blicken nicht wirklich in allen Belangen durch. Russland ist eine militärische Grossmacht, die für den Westen zu wenig fassbar ist. Während man zu Beginn die russische Armee wohl überschätzt hat, besteht momentan die Tendenz, sie eher zu unterschätzen. Auch die Wirtschaftssanktionen zeigen weniger Wirkung als angenommen.
Der Westen – gleichbedeutend mit der NATO – unter der Führung der USA liefert immer mehr Waffen in die Ukraine in der Hoffnung auf einen Sieg auf dem Schlachtfeld. Wenn auch anfänglich nur zögerlich, werden jetzt nebst Defensivwaffen wie Luftabwehrsysteme nun auch Truppen- und Kampfpanzer geliefert. Nach jeder Eskalationsstufe folgen weitere Forderungen von Seiten der Ukraine nach noch potenteren Waffensystemen, jetzt sogar nach Kampfjets. Der Westen liefert, gibt jedoch damit auch die Kontrolle über diese Waffen aus der Hand. Selbst wenn damit Auflagen verbunden wären, liessen sich diese aber wirklich kontrollieren und überwachen? Ich bezweifle es sehr, und so lässt sich die Reaktion von Russland nur erahnen. Je mehr militärischer Druck von der NATO ausgeübt wird, desto grösser wird die Gegenwehr Russlands, das sich um jeden Preis gegen eine Niederlage stemmt. Insofern ist es nicht vermessen, von einem Stellvertreterkrieg zu sprechen, vor allem, wenn man ihn aus historischer Sicht betrachtet.
Wo bleiben jedoch jene pazifistischen Kräfte, die eine Beilegung des Konflikts fördern? Eine nicht geringe Zahl von Staaten wie China, Brasilien, Indien und viele andere mittlere und kleinere Staaten stehen abseits und verhalten sich neutral. Sie profitieren nicht direkt vom Krieg, aber sie möchten auch nicht für die eine oder andere Seite Partei ergreifen. Deren Anstrengungen müssen jedoch vereint deutlich grösser und stärker werden, damit die verfeindeten Parteien sich endlich wieder der Diplomatie zuwenden. Je mehr Zeit jedoch verstreicht, desto schwieriger wird eine Friedenslösung zu finden sein.
Für die Schweiz wünsche ich mir ein Festhalten an einer strikten Neutralität und ein weiteres Engagement zugunsten der Zivilbevölkerung. Jenen Stimmen, welche uns zu Waffenlieferungen (via Drittstaaten) bewegen möchten, müssen wir eine klare Absage erteilen. Es wäre mit unserer Stellung als Vermittlerin nicht vereinbar. Und da wir seit dem 1. Januar im Sicherheitsrat sitzen, könnten wir auch dort eine aktive Rolle als Friedensstifterin wahrnehmen …
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