Gemäss Duden bedeutet Rassismus:
“(meist ideologischen Charakter tragende, zur Rechtfertigung von Rassendiskriminierung, Kolonialismus o. Ä. entwickelte) Lehre, Theorie, nach der Menschen bzw. Bevölkerungsgruppen mit bestimmten biologischen oder ethnisch-kulturellen Merkmalen anderen von Natur aus über- bzw. unterlegen sein sollen.”
Es darf demnach bezweifelt werden, ob die heutige Diskussion rund um Rassismus, Rassisten und rassistischem Gehabe mit dieser Definition einhergeht. In den vergangenen Jahrhunderten haben sich nämlich in den meisten Staaten Gesellschaftsformen entwickelt, die den Rassismus von Gesetzes wegen verurteilen. Das heisst jedoch nicht, dass die Gesellschaftsformen in ihrer sozialen und ökonomischen Ausprägung auch tatsächlich frei sind von Rassismus. Wenn wir in einem Gesetzesparagraphen alle Ethnien, Kulturen und Lebensformen gleichstellen, heisst das noch lange nicht, dass eine Gesellschaft diesen durchaus heeren Zielen automatisch entspricht. Jahrhundertealte Sitten und Bräuche sind oftmals stärker und wirken sich auf das soziale Zusammenleben direkter und unmittelbarer aus als moderne Gesetzestexte.
Die Frage stellt sich sodann eigentlich eher nach der Umsetzung von Gesetz und Ordnung. Wenn farbige Menschen keinen oder weniger Zugang zu Bildung haben, verringern sich dadurch auch ihre Berufschancen. Wenn die Elite eines Staates – Regierung und Verwaltung – die Zusammensetzung der Bevölkerung nicht oder nur unzureichend abbildet, kommt es unweigerlich zu Verzerrungen und Unterdrückung. Wer heutzutage diese Ungleichheiten immer noch mit Rassenunterschieden zu erklären versucht, ist von vorvorgestern und hat aus der Geschichte rein gar nichts gelernt. Was bleibt aber zu tun, um die Chancengleichheit in allen Bereichen und für alle wirklich zu erreichen?
“Steter Tropfen höhlt den Stein.” Es gilt zu erkennen, dass wir Menschen niemals am Ziel unserer Bemühungen sein oder das Paradies erreicht haben werden. Es liegt in unserer Natur, dass wir in Zeiten der Not immer wieder auf unser angeborenes und ererbtes Verhaltensmuster zurückgreifen werden, das da ist: Überleben auf Kosten der anderen bzw. fressen oder gefressen werden. Oder möchte jemand wissen, was während der Coronakrise in der Schweiz ohne die zig-Milliarden passiert wäre? Man schaue nur nach Lateinamerika, um darauf eine Antwort zu erhalten. Der Dienst am Nächsten funktioniert genau so lange, wie es der Mehrheit noch einigermassen gut geht. Danach treten andere Gesetze in Kraft.
Wenn wir also etwas aus der Geschichte lernen können, dann ist es anzuerkennen, dass wir Menschen von Natur aus weder gut noch böse sind, sondern durch die Umstände, in denen wir leben, gut oder böse werden. Statuen runterzureissen allein hilft deshalb nicht, historische Vorgänge und Zustände zu verstehen. Kolumbus war kein Rassist im eigentlichen Sinne, sondern ein Mensch seiner Zeit, geprägt von den sozialen und wirtschaftlichen Verhältnissen im 15. Jahrhundert. Ihn nun aus heutiger Sicht des 21. Jahrhunderts zum Rassisten zu stempeln, ist bequem und einfach, aber auch unfair und überheblich. Keine Ahnung, wie uns heutige Erdbewohner*innen die Menschen im Jahr 2500 beurteilen werden. Mal sehen …
Bildquelle: “https://linth24.ch”
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